In Zeiten des Klimawandels und der Energiewende stehen viele Eigentümer von denkmalgeschützten Gebäuden vor der Herausforderung, moderne Solaranlagen zu installieren, ohne den Denkmalschutz zu verletzen. Ein aktuelles Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz (OVG) (Urteil vom 15.08.2024, Az.: 1 A 10604/23.OVG) hat in diesem Spannungsfeld eine richtungsweisende Entscheidung getroffen, die den Vorrang erneuerbarer Energien gegenüber dem Denkmalschutz betont.
Sachverhalt
Der Eigentümer eines denkmalgeschützten Wohnhauses in Bad Kreuznach beantragte eine denkmalrechtliche Genehmigung zur Errichtung eines Solarzauns auf einer bestehenden Einfriedungsmauer seines Grundstücks. Die Stadt lehnte den Antrag ab, da sie der Ansicht war, dass der Solarzaun das Erscheinungsbild des Denkmals beeinträchtigen würde. Der Eigentümer klagte gegen diese Entscheidung. Das Verwaltungsgericht Koblenz (Urteil vom 05.06.2023, 1 K 922/22.KO) wies die Klage ab, woraufhin der Eigentümer Berufung beim OVG Rheinland-Pfalz einlegte.
Das Oberverwaltungsgericht entschied zugunsten des Eigentümers und verpflichtete die Stadt, die Genehmigung zu erteilen. Das Gericht stellte fest, dass das öffentliche Interesse an der Nutzung erneuerbarer Energien gemäß dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) schwerer wiegt als die Belange des Denkmalschutzes. Es gab keine besonderen atypischen Umstände, die eine andere Abwägung rechtfertigen würden, und alternative Standorte für die Solaranlage auf dem Grundstück waren nicht praktikabel.
Entscheidung
Das Gericht verwies in seiner Entscheidung auf § 13 Abs. 2 des Denkmalschutzgesetzes Rheinland-Pfalz (DSchG) sowie auf das EEG. Die gesetzliche Wertung des EEG gemäß § 2, die die Errichtung und den Betrieb von Anlagen für erneuerbare Energien als im "überragenden öffentlichen Interesse" liegend einstuft, spielte hierbei eine zentrale Rolle.
Das OVG stellte fest, dass im vorliegenden Fall die Interessen der Energiewende und der kommunalen öffentlichen Sicherheit gegenüber den denkmalpflegerischen Belangen überwiegen. Es wurde dargelegt, dass besondere atypische Umstände – wie eine besonders erhöhte Schutzbedürftigkeit des Denkmals – nicht ersichtlich waren. Das Gericht argumentierte, dass keine alternativen Standorte mit geringerer Eingriffsintensität auf dem Grundstück des Klägers vorhanden seien. Zudem sei das Gebäude nicht von überragender Bedeutung für das Stadtbild oder die Geschichte der Stadt, so dass der Denkmalschutz in diesem Fall zurücktreten müsse. Damit wurde begründet, dass der öffentliche Nutzen der erneuerbaren Energien in diesem Fall so erheblich ist, dass er das potenziell beeinträchtigende Eingreifen in das Erscheinungsbild des Denkmals rechtfertigt.
Durch die Entscheidung wurde klargestellt, dass auch bei denkmalgeschützten Objekten unter Berücksichtigung der einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen und des öffentlichen Interessenmixes innovative Nutzungskonzepte – wie der Errichtung eines Solarzaunes – möglich sein können.
Fazit
Das Urteil unterstreicht die gesetzliche Wertung des EEG, wonach erneuerbare Energien in Abwägungsentscheidungen vorrangig zu behandeln sind. Dies könnte in Zukunft ähnliche Entscheidungen beeinflussen, insbesondere wenn es um den Konflikt zwischen Denkmalschutz und der Nutzung erneuerbarer Energien geht.
Das Urteil des OVG Rheinland-Pfalz stellt einen wichtigen Präzedenzfall dar, der die Priorität erneuerbarer Energien im Kontext des Denkmalschutzes betont. Es zeigt, dass die Energiewende auch in denkmalgeschützten Bereichen voranschreiten kann, wenn das öffentliche Interesse entsprechend gewichtet wird.
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RA Markus Kessel
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