Einrichtung interner Meldestellen und anonymer Meldewege

Sachverhalt

Das Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG) fordert Organisationen ab einer bestimmten Größe auf, interne Meldestellen einzurichten. In der Praxis können die Anforderungen des § 6 Abs. 5 GwG, Art. 32 Abs. 2 GTVO 2023 und § 12 Abs. 1 HinSchG durch eine einzige interne Meldestelle erfüllt werden. Während das GwG im § 6 Abs. 5 spezifische Anforderungen stellt und Vorrang hat, verlangt die GTVO 2023 zusätzlich anonyme Meldemöglichkeiten. Das HinSchG selbst fordert keine expliziten anonymen Kanäle, jedoch wird deren Einrichtung aufgrund der Vorteile für Hinweisgeber dringend empfohlen.

 

Rechtliche Bewertung

Die rechtlichen Rahmenbedingungen für interne Meldestellen sind durch verschiedene Gesetze vorgegeben. Der § 6 Abs. 5 GwG hat Vorrang vor den allgemeinen Bestimmungen des HinSchG, soweit er spezielleren Regelungsgehalt beinhaltet. In der Praxis bedeutet dies, dass die Einrichtung einer internen Meldestelle unabhängig von der Anzahl der Beschäftigten verpflichtend ist. Gleichzeitig fordert Art. 32 Abs. 2 GTVO 2023 die Möglichkeit anonymer Meldungen, was besonders für Kreditinstitute und Finanzdienstleistungsinstitute von Bedeutung ist. Anonyme Meldemöglichkeiten dienen als effektiver Schutz für Hinweisgeber, da sie Repressalien vorbeugen. Solche Kanäle sind insbesondere in Fällen schwerwiegender Verstöße erforderlich. Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) erkennt zudem an, dass ein funktionierendes Hinweisgebersystem die Bemessung von Geldbußen positiv beeinflussen kann. Internationale Standards, besonders in den USA, unterstreichen die Bedeutung anonymer Meldekanäle, was für global agierende Unternehmen eine einheitliche Umsetzung nahelegt. Technisch sind moderne digitale Systeme in der Lage, anonyme Zwei-Wege-Kommunikation zu ermöglichen, wodurch Rückfragen gestellt werden können, ohne die Anonymität zu gefährden.

 

Fazit

Trotz fehlender gesetzlicher Verpflichtung im HinSchG ist die Einrichtung anonymer Meldewege dringend zu empfehlen. Diese Kanäle senken die Hemmschwelle für Hinweisgeber und bieten zusätzlichen Schutz vor Repressalien. Unternehmen sollten den Aufbau eines solchen Systems als Chance betrachten, ihre Compliance-Strukturen zu stärken und rechtliche Risiken zu minimieren. Die Rechtsprechung des BGH zeigt, dass ein effektives Hinweisgebersystem nicht nur zur Aufdeckung von Missständen beiträgt, sondern auch bei der Bemessung von Sanktionen berücksichtigt wird. Eine zentrale Meldestelle, die sowohl vertrauliche als auch anonyme Meldungen ermöglicht, kann den Anforderungen verschiedener Gesetze gerecht werden. Unternehmen sollten daher die Einführung oder Anpassung ihrer Systeme als strategische Maßnahme ansehen, um sowohl den gesetzlichen Vorgaben als auch internationalen Standards zu entsprechen. Dies trägt zu einer offenen und vertrauensvollen Unternehmenskultur bei, die nicht nur rechtliche Risiken minimiert, sondern auch das Vertrauen der Mitarbeiter und Geschäftspartner stärkt.

 

Ihr Ansprechpartner:

Dr. A. Dominik Brückel
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