Debatte über Sperrung von Konten und Haftungsfreistellung der Banken
Die Thematik der Kontosperrung aufgrund von Geldwäscheverdachtsmeldungen hat in den vergangenen Jahren zunehmend an Bedeutung gewonnen, nicht zuletzt durch die verstärkte gesetzliche Verpflichtung der Finanzinstitute zur Geldwäschebekämpfung. Dies hat zu einer Reihe von rechtlichen Auseinandersetzungen geführt, die sich mit der Reichweite und den Grenzen der rechtlichen Befugnisse der Banken in solchen Fällen befassen. Im Mittelpunkt der Debatte stehen die §§ 46 und 48 des Geldwäschegesetzes (GwG), die die Bedingungen für die Sperrung von Konten und die Haftungsfreistellung der Banken regeln.
Kontosperrung nach § 46 GwG
Die rechtliche Grundlage für die Sperrung von Konten nach einer Verdachtsmeldung liegt in § 46 Abs. 1 GwG. Dieser sieht vor, dass eine gemeldete Transaktion erst durchgeführt werden darf, wenn die zuständige Behörde, namentlich die Financial Intelligence Unit (FIU) oder die Staatsanwaltschaft, ihre Zustimmung erteilt oder drei Werktage verstrichen sind, ohne dass eine Untersagung ausgesprochen wurde. Wichtig ist hierbei, dass sich die Sperre grundsätzlich nur auf die gemeldete Transaktion beziehen darf. Eine pauschale Sperrung des gesamten Kontos oder aller Transaktionen über einen längeren Zeitraum ist gesetzlich nicht vorgesehen und wurde von Gerichten wie dem Landgericht Frankfurt als unzulässig erachtet. Insbesondere in den Entscheidungen des LG Frankfurt a.M. (Beschluss vom 22.1.2024 - 2-01 T 26/23) und des LG Wiesbaden (Urteil vom 11.1.2024 - 3 O 238/23) wurde diese Rechtsauslegung bestätigt.
Voraussetzungen einer Verdachtsmeldung nach § 43 GwG
Für die Abgabe einer Verdachtsmeldung gemäß § 43 GwG müssen Tatsachen vorliegen, die den Verdacht nahelegen, dass ein Vermögensgegenstand im Zusammenhang mit Geldwäsche steht. Der Verpflichtete, in diesem Fall die Bank, hat bei der Beurteilung des Verdachts einen gewissen Spielraum. Es reicht nicht aus, dass bloße Mutmaßungen vorliegen; andererseits muss der Verdacht nicht so konkret sein, dass die zugrunde liegende Straftat bereits beweisbar wäre. Eine Verdachtsmeldung ist somit bereits dann gerechtfertigt, wenn konkrete Auffälligkeiten vorliegen, die den Verdacht der Geldwäsche begründen könnten.
Haftungsfreistellung nach § 48 GwG
Nach § 48 GwG sind die Verpflichteten, also die Banken, von der Haftung freigestellt, es sei denn, die Meldung wurde vorsätzlich oder grob fahrlässig unwahr erstattet. Diese Haftungsfreistellung wird von der Rechtsprechung weit ausgelegt. So umfasst sie alle denkbaren zivilrechtlichen Ansprüche, wie vom Oberlandesgericht Hamburg und dem Landgericht Stuttgart bestätigt. Kunden, die gegen eine unrechtmäßige Kontosperrung vorgehen wollen, tragen dabei die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Meldung grob fahrlässig oder vorsätzlich unwahr erstattet wurde. Aufgrund des Verschwiegenheitsgebots des § 47 GwG haben Kunden jedoch regelmäßig keine Kenntnis von den Gründen der Verdachtsmeldung, was die Beweisführung erheblich erschwert. In solchen Fällen kann eine sekundäre Darlegungslast des Verpflichteten angenommen werden, wenn der Kunde seine Kontoaktivitäten substantiiert dargelegt hat.
Rechtsprechung und aktuelle Entwicklungen
In der jüngeren Vergangenheit haben mehrere Landgerichte, darunter das LG Stuttgart (Beschluss vom 6.7.2023 - 6 O 234/22) und das OLG Hamburg (Urteil vom 17.3.2022 - 13 U 178/21), die Frage der Haftung der Banken bei übermäßig langen Kontosperrungen thematisiert. Diese Gerichte stellten klar, dass die weite Haftungsfreistellung nach § 48 GwG kein Freibrief für ungerechtfertigte, teils monatelange Sperren ist. Es bleibt abzuwarten, ob sich der Bundesgerichtshof mit der Thematik befassen wird und welche Vorgaben er für die Aufhebung von Kontosperrungen machen wird.
Fazit
Die Rechtslage im Zusammenhang mit Geldwäscheverdachtsmeldungen und Kontosperrungen ist komplex und entwickelt sich dynamisch weiter. Während die Haftungsfreistellung der Banken nach § 48 GwG deren Meldebereitschaft fördern soll, müssen Banken dennoch sorgfältig prüfen, ob die Voraussetzungen für eine Verdachtsmeldung tatsächlich vorliegen, um unberechtigte Sperrungen und daraus resultierende rechtliche Konsequenzen zu vermeiden. Für betroffene Kunden bleibt oft nur der Weg über eine einstweilige Verfügung, um eine Kontenfreigabe zu erreichen. Die aktuelle Rechtsprechung legt nahe, dass die Gerichte zunehmend bereit sind, die Rechte der Kunden zu stärken, indem sie die Banken in Fällen überlanger und unberechtigter Kontosperrungen in die Haftung nehmen.
Ihr Ansprechpartner:
Dr. A. Dominik Brückel
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